Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

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yogi149

#1 Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von yogi149 »

Hi,

könnte man den Leistungsbedarf eines Hauptrotors und damit auch das nötige Gegenmoment des Heckrotors vorab berechnen?
Also aus Blattprofil und Länge den "Widerstand" und damit die benötigte Leistung abhängig von der Drehzahl ermitteln?
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skysurfer
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#2 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von skysurfer »

hmmmm .....

wenn ich das beim Stammtisch nicht falsch verstanden habe ist Husi gerade an so einer Sache ....
----------------------
Grüsse Hans-Peter

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yogi149

#3 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von yogi149 »

Hi Hans-Peter,

Mirkos Ansatz bringt mich ja auf die Idee, das vorab wissen zu wollen.
Aber im anderen thread geht es ja in erster Näherung um die Geräuschentwicklung und deren Vermiderung durch Zusatzmaßnahmen.

In meinem jugendlichen Leichtsinn stelle ich mir jetzt vor, das er dabei auch den Energiebedarf des Blattes berechnet.

Dann wäre nämlich auch der Ansatz andersrum ein Weg, einen leisen und passend ausgelegten Heli bauen zu können.

Auch wüsste ich gerne, ob man optimale Drehzahlen für Blätter abschätzen kann.
Also das man sagen kann: so ab 4000 Upm wird das Blatt nur durch das Drehen einen so hohen Leistungsbedarf haben, das das auch gar nicht mehr in Auf-/Vor-trieb umgesetzt wird.
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acanthurus
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#4 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von acanthurus »

Hallo, Jürgen.
Selbstverständlich gibt es Methoden, sowas zu berechnen. Bei Mirkos Bemühungen wird das quasi als Nebenprodukt anfallen, aber es gibt natürlich auch Berechnungsverfahren, welche dediziert als Leistungsrechnung gedacht sind.
Ein bekanntes Standardtool dazu wäre Xrotor von Mark Drela.
Das gibts hier als Download http://web.mit.edu/drela/Public/web/xrotor/
allerdings ist das das Source-Paket in Fortran, und man müsste mal ein entsprechendes Executable compilieren. Leider hab ich dazu hier ad hoc keine Möglichkeit, aber das müsste sich eigentlich bewerkstelligen lassen.
Darüber hinaus gibts noch andere Verfahren; ich hab selbst mal vor vielen jahren eine STudienarbeit dazu betreut, welche eine komplette Leistungsrechnung für Modellhubschrauber beinhaltete - Hauptrotor, Heckrotor, Getriebe und Antriebsstrang, einschließlich Trimmrechnung. Leider ist auch dieses Tool nicht als executable für gängige Betriebssysteme verfügbar, und zudem extrem kryptisch in der Anwendung.
Helmut Schenk hat mal ein schönes DOS-Tool geschrieben, aber das ist glaub ich nicht frei zugänglich.
Ich hab eine BET-Rechnung (Blattelemententheorie) auch mal in Excel implementiert, allerdings maßgeschneidert für einige ausgesuchte manntragende Helis, und im Rahmen meiner berufsmäßigen Tätigkeit entstanden, weshalb ich es nicht weitergeben darf.
Ich würde an deiner Stelle mal auf das Xrotor-Pferd setzen.

*edit* Nachtrag zu deiner Frage nach den Limits...

Bei der Suche nach einem "Optimum" muss man zunächst mal klarstellen, WAS man optimieren will.

Bei der Drehzahl nach oben gibt es eine physikalische Sinnhaftigkeitsgrenze, wenn man in den Bereich der Transsonik vorstößt, d.h. wenn die Blattspitzengeschwindigkeit in den schallnahen Bereich kommt.
Blattspitzenmachzahlen von ca. 0.65 stellen da eine (verhandelbare) Grenze dar. Übersteigt man die zugehörige Drehzahl, dann kommt die vorlaufende Blattspitze in Machzahlrergionen, bei denen teilweise ein Überschreiten der Schallgeschwindigkeit im Strömungsfeld um den Rotor Strömung vorliegt (dabei bewegt sich die Blattspitze selbst aber noch UNTERschallschnell) . Wenn das passiert, steigt die benötigte Antriebsleistung exorbitant an, und man handelt sich flugmechanische Stabilitätsprobleme (z.B. Torsionsabreißflatter - höchstgefährlich) ein, welche sehr schnell zu einem nachhaltigen Zerlegen des Helis führen.
Man sollte also eine (Schwebe)Blattspitzengeschindigkeit von 0,65*Schallgeschwindigkeit=0.65*340m/s=221m, also ungefähr 800km/h nicht überschreiten - zumindest nicht, ohne jemanden vorher zu fragen, der sich damit etwas besser auskennt.
Das entspricht bei 1,8m Rotordurchmesser einer Drehzahl von rund 2350 rpm. Geht man da drüber, dann wird man bezüglich Leistungsaufnahme einen extremen Anstieg erleben, und auch ein stark ansteigendes Risiko der Selbstzerlegung eingehen - von einem perversen Lärmanstieg im Schnellflug mal ganz zu schweigen, aber das scheint ja bei manchen eher gewollt zu sein *kopfschüttel*

Will man eine Schwebeleistung optimieren (d.h. minimale Leistungsaufnahme im Schwebeflug bei vorgegebenem Fluggewicht), so wird man feststellen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt fast immer mit WEIT überhöhter Drehzahl fliegen - d.h. die aerodynamische Tragfähigkeit der Rotorblätter ist noch lange nicht ausgereizt, und wir stecken reichlich viel Leistung in die Überwindung des Profilwiderstandes. Ein Senken der Drehzahl führt fast immer zu Leistungseinsparung, jedoch wird die Fliegbarkeit/Steuerbarkeit schlechter.
Zahlenbeispiel: Ich habe die Leistungskurve eines Logo30 mal detailliert vermessen. Normaler, üblicher Drehzahlbereich war damals 1200 bis 1400rpm. Das Leistungsoptimum war jedoch bei Drehzahlen um 850rpm angesiedelt.

Insofern lauten die von dir gesuchten Grenzen:
Untere Drehzahlgrenze: so weit runter dass der Heli subjektiv noch sicher fliegbar ist... du wirst das Optimum noch nicht erreicht haben
Obere Drehzahlgrenze: Blattspitzenlimit Mach 0,65.... sofern man sich SICHER ist dass das Rotorsystem das strukturell auch aushält.



gruß
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#5 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von Husi »

acanthurus hat geschrieben:Ein bekanntes Standardtool dazu wäre Xrotor von Mark Drela.
Das gibts hier als Download http://web.mit.edu/drela/Public/web/xrotor/
allerdings ist das das Source-Paket in Fortran, und man müsste mal ein entsprechendes Executable compilieren.
Danke,
das kannte ich auch noch nicht. Vielleicht sollte ich mich auch erst einmal schlau machen, was für Standardtools es gibt. :oops:
skysurfer hat geschrieben:wenn ich das beim Stammtisch nicht falsch verstanden habe ist Husi gerade an so einer Sache ....
Das stimmt, jedoch dauert es noch eine ganze Weile, bis ich fertig bin und es läuft z.Z. nur im AutoCAD als PlugIn und Jürgen ist mit anderer CAD Software unterwegs...

Viele Grüße
Mirko
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#6 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von acanthurus »

So, da hat ein netter Mensch den Xrotor-Code noch um einige Features erweitert, CROTOR genannt und hier als download (einschließlich windows executable) reingestellt:
http://www.esotec.org/sw/crotor.html#download

gruß
andi
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yogi149

#7 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von yogi149 »

Hi Andi,
acanthurus hat geschrieben:Man sollte also eine (Schwebe)Blattspitzengeschindigkeit von 0,65*Schallgeschwindigkeit=0.65*340m/s=221m, also ungefähr 800km/h nicht überschreiten - zumindest nicht, ohne jemanden vorher zu fragen, der sich damit etwas besser auskennt.
das ist doch schon mal eine Ansage.
Von den hier veröffentlichten Werten, würde ich mal behaupten, da der TDS von Jan henseleit da aber dran kratzt. :oops:
Und abgesehen davon, das ich für die auftretenden Zugkräft kein passendes Axiallager finden würde. Das Blatt wiegt nach Herstellerangaben immerhin 234gr.
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acanthurus
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#8 Re: Leistungsbedarf vom Hauptrotor abschätzen

Beitrag von acanthurus »

Nun ja, davon (ohne es detailliert gelesen zu haben) kann man halten, was man will. Nicht alles, was technisch funktioniert (oder wenigstens 1x funktioniert hat) sollte auch in ein Kundenprodukt umgewandelt werden; ich finde, ein richtiges Maß an Selbstbeschränkung hat noch nie geschadet.
Besonders bedenklich finde ich es dann, wenn die Leute an der HöherSchnellerWeiter-Front mit Dingen zu tun haben, von deren Ursachen oder Auswirkungen sie keine wirkliche Ahnung haben... und irgendwann KOMMT der Punkt, wo man sich nicht mehr auf die Empirie verlassen sollte.
Da kommen dann irgendwann Effekte dazu, von denen vielleicht eine Handvoll gut informierter Experten wirklich Ahnung haben (z.B. das Thema Subharmonic Resonance), und wenn man die Konsequenzen der Nichtberücksichtigung bedenkt, dann frage ich mich, wo Experimentierfreude aufhört und fahrlässige Gefährdung des Luftverkehrs beginnt.

P.S. wenn ich mir das von dir verlinkte Posting anschaue, dann lese ich da klare Anzeichen von Torsionsabreißflattern heraus.
Die Tatsache, dass er sich erst NACH der Selbstzerlegung auf eine, ich zitieren "eine längere Ursachenforschung" einlässt zeigt, dass hier nicht wirklich über irgendwelche Grenzen nachgedacht wurde sondern einfach Ampere um Ampere draufgepackt wurde. Und dann wird rumgebastelt und probiert, ohne ein paar wichtige Grundlagen verinnerlicht zu haben. Finde ich für eine High-End-Klitsche ehrlichgesagt schwach.


gruß
andi
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