Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

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acanthurus
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#1 Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von acanthurus »

Nachdem das Ding seit über 8 Jahren vornehmlich Staub gesammelt hat, macht sich die Uni Stuttgart wieder an die Arbeit...
http://www.iag.uni-stuttgart.de/arbeits ... opter.html
Sie haben "meinen" Dienstheli wieder ausgegraben (hier hatte ich mal ein wenig dazu geschrieben), modernerisieren die grundlegende Technik (2G4, Lipo etc.) und wollen das Sensorpaket erweitern.
Ich hatte das Ding im Zeitraum von 2000 bis 2003 zusammen mit ner Handvoll sehr begabter Studenten aufgebaut und betrieben.
Bin ja mal gespannt was da draus wird...
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#2 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von Aeroworker »

cool, unsereins wartet auf die übermittlung der Akkuspannung! :shock:
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acanthurus
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#3 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von acanthurus »

Na ja live übermittelt wurde damals nix - alles nur auf Speicherkarte gebunkert. Vielleicht ändern sie das ja für einige Kenngrößen.
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Aeroworker

#4 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von Aeroworker »

na aber was da alles für Daten erfasst werden/wurden ist ja auch schon ein Hammer.
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Husi
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#5 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von Husi »

Hallo Andi,

wenn ich mal irgendwann ein Bruchteil der Daten sammeln und auswerten kann, bin ich Glücklich...

Kannst du das Thema mit den Dehn-Messtreifen mal näher erläutern?
Wie verklebt man sie, wie greift man die Daten ab, die Daten sind immer analog, oder?
Ich würde gerne einen Rotorblatt-Prüfstand bauen, evtl. auch einen fliegenden um zuerst gekaufte, später die selbstgebauten Rotorblätter zu vermessen.

Du hast wohl schon von Alex K. mitbekommen, dass wir die XV-15 bauen wollen. Dazu würde ich gerne später mal optimierte Rotorblätter bauen.
Hier (und auf den Folgeseiten) unsere ersten Überlegungen:
http://www.rchelifan.org/viewtopic.php?f=255&t=82581

Vielen Dank
Mirko
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acanthurus
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#6 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von acanthurus »

Hallo, Mirko.

Ziel der D(ehnungs)M(ess)S(treifen) war die Vermessung der dynamischen Biege- und Torsionsverformung der Rotorblätter im Flug.
Um mir die Sache etwas einfacher zu machen verwendete ich M-Blades, also stranggepresste Aluminiumhohlprofile. Da war dann auch entsprechend Platz für die Verkabelung (Pro Blatt immerhin 8 DMS-Vollbrücken à 4 Adern=32 Pins) im Inneren.
Die DMS wurden nach entsprechender Vorbereitung aufgeklebt, dabei kommt ein Spezialkleber zum Einsatz, er aber eng verwand ist mit unseren "üblichen" Sekundenklebern. Das Messignal kommt dann (pro Blatt) auf 8 Brückenverstärker, welche nacheinander von eime A/D-Wandler abgetastet werden.
Zusätzlich zu den DMS gibt es noch Sensoren für Einstellwinkel, Schlagwinkel und Schwenkwinkel am Rotor. Die habe ich als Kombination aus Hall-IC und Kleinmagnet aufgebaut.
Die digitalisierten Daten des drehenden Rotors werden dann berührungsfrei über ein IR-Interface zum Heli runtergebeamt, wo sie mit den dort anfallenden Messwerten synchron gespeichert werden. Am Heli wird Spannung, Strom, momentaner Rotor-Azimutwinkel (damit auch die exakte Drehzahl), Heckrotor-Steuerwinkel, Anstell- und Schiebewinkel (per Windfahne) sowie Fahrt (über Schalenkreuzanemometer und Hitzdrahtsonde).
Das System erreicht dabei eine Auflösung von etwa 20 Samples pro Umdrehung - allerdings nicht phasenfest. so dass über einige Umdrehungen phasengemittelt eigentlich eine fast beliebige zeitliche Auflösung stationärer Flugfälle möglich ist.
Wenn dich Details interessieren, so kann ich dir als "Einstiegsliteratur" mein Büchlein rüberschicken - das ist garantiert plagiatfrei!

gruß
andi
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Husi
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#7 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von Husi »

Hallo Andi,

ja auf die "Einstiegsliteratur" würde ich gerne zurückkommen und hoffen, das ich dabei nicht gleich wieder "aussteige" :roll:
Was kostet dein Buch? Kannst du mir deine Konto-Daten via PN oder Mail schicken? Ich hatte mir das von dir empfohlene Buch vom Walter Bittner (3.te Auflage) gekauft und bin super glücklich damit, auch wenn ich doch hin und wieder meine Mathekenntnisse etwas aufbessern muß.

Was ist ein Brückenverstärker und wie wird das Signal nacheinander abgetastet? Sind die DMS in Reihe geschaltet und haben eine ID, oder parallel so das die Leitung als ID fungiert?
Wird vorher jeder DMS einzeln kalibriert, oder nur einer und das Ergebnis wird auf alle übertragen?

Vorerst habe ich mir den Prüfstand ganz einfach vorgestellt. Ich wollte einfach nur die Kräfte messen, die der Rotor je nach Anstellwinkel produziert. Dazu wollte ich den Prüfstand wie ein Fachwerkträger ausbilden/versteifen und die Normalkräfte in den einzelnen Streben messen. Ein angeschlossener Rechner soll das dann gleich in drei Kräfte und drei Momente zurückführen. Wichtig ist mir der Kippvorgang der kompletten Rotors incl. Rotorwelle, welche Kräfte (und Kraftrichtungen) dabei geweckt werden. Denn mit diesen Infos, möchte ich dann die Schwenkmechanismen der XV-15 auslegen.

Vielen Dank
Mirko
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blogga
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#8 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von blogga »

Aeussersten Respekt!
Wirklich tolles und aufwaendiges Projekt...
Gruesse...
---
blogga

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acanthurus
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#9 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von acanthurus »

Mirko, lass mir per PN deine e-mail-Adresse zukommen, dann dann kannst du das als PDF haben. Das Buch ist zwar theoretisch käuflich und bestellbar, aber aufgrund der winzigen Auflage sicherlich wucherteuer.
Wenn du UNBEDINGT Papier brauchst, dann kann ich dir eins von meinen Belegexemplaren zum Selbstkostenpreis vermachen... würde die aber eigentlich lieber aufsparen.

Zu deinen Fragen:
Was ist ein Brückenverstärker?
Ein zur Auswertung einer Wheatstone-Brücke (übliche Verschaltung von DMS) geeigneter Operationsverstärker. Wie sowas beispielsweise verschaltet wird kannste hier auf Seite 20 nachlesen (auch wenn das nicht der ist, der auf dem Heli seinen Dienst tut). Verstärkungsfaktoren von 2000 und mehr sind damit kein Problem (die DMS-Wheatstone-Brücke liefert nur Bruchteile von Millivolt als Ausgangssignal)

Wie wird das Signal nacheinander abgetastet?
Das macht ein mehrkanaliger AD-Wandler-IC mit entsprechend ausreichenden Eingangskanälen. Davon gibts 1000e verschiedene, je nach Einsatzzweck (Samlingrate, Genauigkeit etc..)

Sind die DMS in Reihe geschaltet und haben eine ID, oder parallel so das die Leitung als ID fungiert?
Jeder der einzelnen acht Messpunkte besteht aus einer DMS-Vollbrücke, welche aus zwei Halbbrücken (eine auf der Blattoberseite, eine auf der Unterseite) zusammengeschaltet ist. Eine Brücke hat 4 Anschlüsse. Jede Brücke ist EINZELN an ihren zugehörigen Verstärker angeschlossen. Im Blatt selbst also "banal" verdrahtet, erst am Rotorkopf wird alles zusammengefasst und "vereinfacht".
Das ermöglicht mir mittels rechenverfahren aus den einzelnen Signalwerten ein recht detailliertes Bild des Biege- und Torsionsverlaufes über die ganze Blattlänge zu erhalten.

Wird vorher jeder DMS einzeln kalibriert, oder nur einer und das Ergebnis wird auf alle übertragen?

Jede Brücke (also nicht jeder DMS, sondern immer der Verbunf aus 2 HalbbrückenDMS) muss einzeln abgeglichen werden, um den Nullpunkt zu finden. Danach muss für jede Brücke einzeln der Verstärkungsfaktor bestimmt (und ggf. am Verstärker passend eingestellt) werden. Dazu wurde eine gezielte, bekannte Biegebelastung auf das "nackte" Blatt aufgebracht und die zugehörigen Sensorsignale ausgelesen. Allein dieser Prozess hat mich fast 3 Wochen gekostet (Aufbau des Prüfstandes etc..)

zu deinem Prüfstand:
Welche Sensorik willst du da verwenden, um die Kräfte zu messen?
Ich hab damals parallel zum Messheli an einem kleinen Rotorprüfstand für den Windkanal gearbeitet - mit 6-Komponenten-Messung via DMS-Waage. Leider ist das nie umgesetzt worden, da uns die DFG den gesamten Sonderforschungsbereich 409 gestrichen hatte.
Ursprünglich war der Heli nur als Demonstrator (Phase 1) gedacht gewesen, um die Messtechnik zu entwickeln, zu miniaturisieren und zu erproben. Die eigentlichen quantitativen Versuche sollten sehr viel detaillierter dann im Windkanal auf dem Prüfstand erfolgen. Nachdem der gesamte SFB 409 dem finanziellen Rotstift zum Opfer fiel (das betraf nicht nur mein Projekt sondern Dutzende andere auch), haben wir den Heli soweit gebracht dass wir das Projekt mit dem Heli allein in Eigenregie zu Ende bringen konnten.

Vielleicht lade ich hier mal das Walkaround-Video des Helis hoch, dann hat man mal einen Eindruck...
*edit* erledigt, hier ist das Video: http://www.rchelifan.org/media.php?mode=play&id=1490


gruß
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dilg
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#10 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von dilg »

acanthurus hat geschrieben:..Das Buch ist zwar theoretisch käuflich und bestellbar, aber aufgrund der winzigen Auflage sicherlich wucherteuer.
Vor einem, zwei Jahren mal in der Buchhandlung angefragt, leider vergriffen.
lg michl
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#11 Re: Sie graben meinen "Dienstheli" wieder aus

Beitrag von acanthurus »

Yep, geht glaub ich nur noch direkt über den Verlag. Die wollen allerdings unverschämte 60 Lappen dafür :shock:
PDF kannste ham.
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