N´abend
EchoZulu forderte mich per PN auf, hier reinzuschaun, also mach ich das mal.
Ich hab ehrlichgesagt nicht den ganzen Thread gelesen, gelobe aber, das nachzuholen. Wenn ich also bereits bekanntes runterbete, einfach doppelt wirken lassen
Zunächst mal ein wenig zu den Profilen "manntragender" Helis...
Im Gegensatz zu flächenfliegern, bei denen eine Optimierung für die anstehende Flugaufgabe nur 2-3 Einsatzpunkte abdecken muss (Ausreichender Hochauftrieb für Start und Landung, Streckenleistung, Warteflug/Thermikkurbeln etc.) muss ein Hubschrauberrotor eine noch größere Aufgabenvielfalt erschlagen. Da dies sehr schwierig ist, findet man oftmals recht einfache Profile, welche von allem ein bischen können.
Was soll ein Rotorblattprofil können?
-Es soll einen möglichst hohen
Maximalauftrieb bringen, damit die erforderliche Rotorblattfläche (Blatttiefe) nicht unnötig groß wird und am rücklaufenden Blatt (wo Drehgeschwindigkeit und Vorwärtsgeschwindigkeit voneinander abgezogen werden müssen, um die tatsächliche Anströmgeschwindigkeit zu errechnen) genug Auftrieb zu liefern
-Es soll bei hohen transsonischen Machzahlen (0.8 bis 0.9) einen möglichst
geringen Widerstand aufweisen, damit am vorlaufenden Blatt (umlauf- und FLuggeschwindigkeit addieren sich und sind deshalb nicht mehr soooo weit weg von der Schallgeschwindigkeit) nicht extrem viel Liestung in die Überwindung des Widerstandes gesteckt werden muss
-Es soll bei mittleren Machzahlen (ca. 0.6)
gleitzahloptimiert sein, d.h. das Verhlätnis von Auftriebsbeiwert zu Widerstandsbeiwert soll für einen zu bestimmenden typischen mittleren EInstellwinkel möglichst groß werden. Das bringt "sparsame" Leistungsaufnahme im Schwebe- und Reiseflug und ermöglicht bessere Autorotationseigenschaften (der erforderliche Einstellwinkel fürs Autorotieren darf dann größer sein, die Sinkrate somit kleiner)
-Es soll, wie schon oft angesprochen,
MOMENTENfrei oder -arm sein. Diese Bedingung erfüllen sowohl symmetrische Profile als auch S-Schlag-Profile. Das ist gleichbedeutend mit einer Forderung nach druckpunktfestem Profil. Diese Forderung dient dazu, die Steuerstangenkräfte zwischen Rotor und Taumelscheibe zu minimieren und die Leistungsanforderungen an Bizeps/Systemhydraulik klein zu halten.
-Es soll in der instationären cm/ca-Hysteresekurve einen Umlaufsinn im Urzeigersinn haben. Was heißt jetzt das schon wieder? Etwas aufwendiger zu erklären, aber es ist ein zeitabhängiger Zusammenhang zwischen AUftriebsbeiwert und Momentenbeiwert während Anstellwinkeländerungen. das ist notwendig, damit das Blatt rotordynamisch stabil ist und nicht anfängt zu flattern.
-Es soll kein allzu giftiges Überziehverhalten haben, damit beim Erreichen der Auftriebsgrenzen keine unangenehmen Phasenänderungen der Ansteuerung auftreten (d.h. keine "schräge" Reaktion auf zyklische Steuereingaben
-Es soll einigermaßen tolerant gegen Fehlanströmungen (Schräganströmung, turbulente Anströmungen) sein, da es ständig in ziemlich aufgewühlter Strömung arbeitet
-Es soll tolerant gegen sog. stoßinduzierte Ablösung sein - das hat wieder was mit der schallnahen Strömung zu tun, Details gehen hier zu weit.
Die Grundoptimierung eines Rotorblattprofils (bei den Großen) orientiert sich zunächst am Anfang mal an zwei Parametern:
-dem Minimalwiderstand im Transsonikbereich
-dem Maximalauftrieb bei kleinen Machzahlen (wühl kram irgendwo hab ich ein Diagramm dazu... na ja, später vielleicht)
Hat man das dann gefunden, so wird man sich um Momentenbeiwert und Stabilität kümmern müssen
Beim MODELLheli entfallen die Optimierungskriterien der Transsonik komplett, da die Systemdrehzahlen bzw. die Blattspitzengeschwindigkeiten weitaus geringer ausfallen (typisch Mach 0.3 statt 0.6 beim "großen" Heli).
Die Transsonik bot aber in den vergangenen Jahrzehnten das größte Optimierungspotential, und daran wurde intensiv geforscht. Daraus folgt unmittelbar, dass die moderneren "manntragenden" Rotorprofile (Onera-Aerospatiale, DFVLR, Boeing Vertol) NICHT für Modellhubschrauber optimiert sein können. Da sie auch für ein völlig anderes Reynoldszahlen-Regime konzipiert sind, sind diese Profile prinzipiell ungeeignet (Ausnahmen bestätigen die Regel) für unsere Modelle.
Auch die Sache mit dem Maximalauftrieb ist für Modellhelis nicht so dringlich, da die Blätter generell eher schwach belastet sind (d.h. man hat das pendant zu einer geringen Flächenbelastung - bis zu 10x geringer als beim "richtigen" Heli)
Bleiben also im gigantischen Kompromiss vornehmlich díe Optimierungskriterien "Gleitzahloptimierung" und "Momentenfreiheit" übrig.
Wir suchen also ein schönes Laminarprofil mit wenig bis gar keinem cm0.
Da etwas Profilwölbung das optimale ca/cw positiv beeinflusst, werden wir da nicht unbedingt in der Kiste der symmetrischen Profile fündig - bleiben also die S-Schlagprofile oder "beinahe-Momentenfreie" Profile (etwas cm0 ist erlaubt, bei den heutigen Servos sowieso), wie sie für Pfeil-Nurflügler Verwendung finden.
Leiderleider sind Leistungsprofile nicht sehr tolerant gegen Bauungenauigkeiten...
Jetzt kommt bestimmt die Frage nach einem Beispiel, aber da muss ich (ohne weitere Parameterrecherche) pauschal passen. Ein TL54 vielleicht?
So, das solls fürs Erste mal gewesen sein.
gruß
Andi
I told my mom when I grow up I want to be an Engineer, she told me I can't do both!