#1 Heli und die Behörden
Verfasst: 05.11.2012 18:13:21
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Ich habe mal für das Nachbaruniversum ein paar juristische Guidelines zum öffentlichen Recht zusammengeschrieben. Vielleicht interessiert es hier auch den einen oder anderen.
Unter Öffentlichen Recht versteht man allgemein das Verhältnis
Staat <-> Bürger.
Das Strafrecht ist den meisten wahrscheinlich am Geläufigsten, sei es von Autoerfahrung oder spektakulären Anwaltsserien
Häufig sind öffentlich-rechtliche Vorschriften in den einzelnen Bundesländern leicht abweichend geregelt. Meist sind es nur wenige Vorschriften, die anders lauten, das Wesentliche ist jedoch gleich. Im Übrigen ist das Luftrecht Bundesrecht und „bricht“ damit im Zweifel das Landesrecht, d.h. steht diesem vor. Ich kann jedoch nicht sämtliche Bundesländer hier darstellen, das würde den Rahmen dann doch etwas sprengen. Ich nehme also in erster Linie Bundesrecht und Berlin als Grundlage her. Schreibt mir eine PN, wenn ihr euch unsicher seid.
I. Teil „Flächen zum Fliegen“
1) Grundsatz
Häufig lese ich, dass das Modellfliegen ohnehin nur mit Genehmigung erlaubt sei. Da wird dann von „Erlaubnisgenehmigung“ gesprochen etc...
Kurz gesagt: Das ist alles Müll! Vergesst es bitte.
Der Umkehrschluss aus § 16 LuftVO sagt aus, dass die Nutzung des Luftraums frei ist, damit auch der Modellflug….solange eine Zustimmung des (privaten) Grundstückseigentümers vorliegt (§ 25 LuftVG) und sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften eingehalten werden. Es gilt also: Alles ist erlaubt…solange es nicht ausdrücklich verboten ist.
Bitte verinnerlicht, beherzigt und predigt das!
Das mit dem Einhalten von öffentlich-rechtlichen Geboten oder Verboten ist indessen leider nicht ganz so einfach, da es davon einen Haufen gibt und völlig unterschiedliche Behörden beteiligt sein können. Wir müssen uns also ein wenig mit den speziellen und allgemeinen Ausnahmen beschäftigen. Außerdem gibt es eine Hirachie innerhalb dieser Vorschriften zu beachten….
EU –kommt vor-> Bund –kommt vor -> Land –kommt vor-> Gemeinde
2) Allgemeine Flächen
Allen ist klar, dass wir möglich viel Fläche (je nach Fähigkeit mehr oder weniger) ohne Bebauung und/oder Bepflanzung brauchen. Dabei wollen wir möglichst ungestört sein….mmmmhhhh gar nicht so leicht in einer Stadt wie Berlin.
Da gibt es natürlich die Parks. Eine allgemeine begehbare/benutzbare Fläche, die je nach Anlage besser oder schlechter geeignet ist und deren Inhaber die Gemeinde ist. Bei mir soll diese Fläche soll jetzt mal als durchschnittliche Öffentliche Fläche herhalten.
Zunächst also: Ja ich kann durch den Park heizen, aber…
Was darf ich hier fliegen und was ist zu beachten?
§ 16 LuftVO stellt neben den §§ 15 und 15a eine weitere Einschränkung des Grundsatzes der Freiheit des Luftraums das. In diesen Bereichen hat der Gesetzgeber eine potentielle Gefährdung anderweitiger Bereiche angenommen.
a) Einschränkung „5 Kg“
Nicht fliegen dürft ihr –ohne weitere Genehmigung- Modelle über 5Kg. Bei der Betrachtung ist die Gesamtmasse ausschlaggebend, d.h. inkl. etwaiger Treibstoffe bzw. Lipos. Das ist den meisten hier schon bekannt. Der Aufstieg beginnt aber nicht erst mit dem Starten des Modells, vielmehr sind alle Handlungen, die unmittelbar dem Start vorausgehen hinzuzurechnen. Ihr dürftet also streng genommen, keine (Vorflug-)Kontrolle machen.
Die Genehmigung einzuholen ist Ländersache, d.h. sie kann auch unterschiedlich erteilt werden. Die Behörden beschäftigen sich nicht wirklich gern damit. Einerseits „müssen“ sie es euch genehmigen, wenn keine Gründe dagegen sprechen und solcherlei ist kaum vorstellbar. Andererseits bedeutet so eine Genehmigung aber auch Arbeit…und die Behördenvertreter sehen auch Modelle über 5Kg als „Spielerei“ an. Sie werden euch –das gilt in erster Linie für Ballungsräume- versuchen abzuwimmeln. „Sind Sie wirklich sicher das der Heli so schwer ist…?, können Sie ihn nicht leichter machen etc..?… „
Genehmigungen können auch mit Nebenbestimmungen versehen werden. Das bedeutet:
„Ja du darfst fliegen, aber nur wenn…..“
Hier besteht aber keine „Willkür“ der Behörde. Sie kann nicht einfach so etwas regeln. Nebenbestimmungen dürfen nur aufgenommen werden, wenn damit die Versagung der Aufstiegserlaubnis umgangen wird …. daraus folgt also eher keine Nebenbestimmung für den Modellflug.
Letztlich liegt es immer an euch und eurem Risikobewusstsein wie hartnäckig ihr wirklich sein wollt. Es ist jedenfalls äußerst unwahrscheinlich, dass euch ein Ordnungsbeamter über den Weg läuft, der die Vorschrift des § 16 LuftVO kennt und eine Waage dabei hat. ABER ! DAS ist hier NICHT als Aufruf zu verstehen, die Genehmigung nicht einzuholen. UND! Vergesst nicht, dass die Genehmigung lokal begrenzt ist. Besucht ihr also einen Kumpel oder besucht das XY Treffen in Bundesland Z, sieht das ganze wieder anders aus.
b) Einschränkung „Wohngebiet“
Kommen wir aber zurück zu den Parkanlagen. Diese sind ja häufig im städtischen Bereich zu finden. Eine zweite und bekannte Einschränkung ist daher auch dem § 16 LuftVO zu entnehmen. Keine Verbrenner weniger als 1,5 Km zum nächsten „Wohngebiet“.
Die BauNVO enthält beispielsweise schöne Definitionen,
reine Wohngebiete § 3 BauNVO
allgemeine Wohngebiete § 4 BauNVO
besondere Wohngebiete § 4a BauNVO
Was aber ist ein Wohngebiet im Sinne der LuftVO? Häufig liest man, dass der Begriff des Wohngebietes nicht einheitlich angewendet wird. Die Satz ist so schön wie nichtssagend. Wir müssen uns daher die Norm etwas genauer angucken und deren Regelungssinn erfassen, so dann leiten wir ab, welche Wohngebiete hierzu gehören.
Ich war zunächst davon ausgegangen, dass es etwas mit der (Feuer-)gefährlichkeit von Verbrennern zu tun hat, da die darüber stehende Vorschrift ja den Raketentreibsatz von 20 gr. regelt. Dies ist aber nicht der Fall, da die (Feuer-)gefährlichkeit ebenso für Gewerbegebiete gilt. Je nach Nutzung der Gewerbeflächen u.U. sogar noch mehr.
Also bleibt nur das Thema Lärmemission und Ruhebedürfnis von Anwohnern, insoweit macht die Abstandsregelung auch Sinn. Keiner der neben einem 600er Verbrenner gestanden hat, wird das bestreiten. Andererseits 1,5 Km sind mehr als ausreichend, damit man nicht mehr von „Lärm“ belästigt wird. Zudem regelt die Lärmvorschrift
für Luftfahrzeuge (LVL) Geräuschemissionen ist jedoch nicht auf „unsere Modelle“ anwendbar, da sie erst Modelle mit mehr als 25 Kg regelt. Insoweit wäre die Vorschrift des § 16 LuftVO auch eine sinnvolle Ergänzung.
Exkurs Lärm
Und wie die Juristen so sind, haben sie Lärm natürlich hinreichend definiert. Es gibt eine sog. TA Lärm. Diese orientiert sich bei den jeweils einzuhaltenden Immissionsrichtwerte sind nach dem Schutzanspruch der Nachbarschaft.
Die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden:
Ziffer TA Lärm Ausweisung Immissionsrichtwert tags (6:00 bis 22:00 Uhr) Immissionsrichtwert nachts (22:00 bis 6:00 Uhr)
6.1 c Kern-, Dorf- und Mischgebiete 60 dB(A) 45 dB(A)
6.1 d Allgemeine Wohngebiete 55 dB(A) 40 dB(A)
6.1 e Reine Wohngebiete 50 dB(A) 35 dB(A)
Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB überschreiten. So jetzt stehe ich hier und sing ein Lied. Ich gehe davon aus, dass die Geräuschbelästigung eines Verbrenners –sofern nach dem Stand der Technik aufgebaut- bei 1,5 Km Abstand die db(A) reiner Wohngebiete nicht erreichen sollte. Die Spitzen dürften bei 500 m Abstand bereits nicht erreicht werden.
Ich habe beim DMVF eine Beispielsprotokoll „gefunden“ wonach ein Verbrenner Flächenflieger bei einem Abstand von 25m eine Schalldruckpegel von ca. 73 dB(A) erreicht. Der Schalldruck zu allen Seiten ist dabei gleich hoch, so dass der Schalldruck umgekehrt proportional mit zunehmendem Abstand r von der Schallquelle abnimmt. Hier gibt es tolle Berechnungsformeln, der Einfachheit halber sei gesagt, dass bei Verdoppelung der Distanz die Intensität auf ein Viertel reduziert wird. Selbst wenn mein Heli also das Doppelte an dB(A) erreichen sollte, z.B. Turbinenheli muss ich nach dieser Formel davon ausgehen, dass die Geräuschbelästigung bei 1,5 Km weit weit unter den Grenzwerten der TA Lärm für reine Wohngebiete ist.
Exkurs Ende
So genug des Exkurses. Kommen wir auf den Punkt. Bei Lärm kommt es nicht darauf an, wie viele Menschen ich belästige und wie „hübsch“ das Wohngebiet ist.
Ein Wohngebiet ist daher anzunehmen, wenn mehr als drei räumlich zusammenhängende zu Wohnzwecken dienende Häuser sich innerhalb von 1,5 Km zum Modellflugplatzmittelpunkt befinden. Darüber hinaus hat das Urteil des BayVGH (Az.: 20 B 97.1287) Bedeutung erlangt, wonach die Lärmeinwirkung nach der Sportanlagenlärmschutz-Verordnung zu beurteilen ist. Allzu viel Bedeutung würde ich persönlich dem Urteil aber nicht beimessen, da es hier in erster Linie um prozessuale Fragen der Gutachterstellung ging.