Husi hat geschrieben:Hallo Dieter,
so sehr ich deine Arbeit im Bereich der Rumpf-Herstellung schätze, so würde ich sagen, schießt du hier etwas über das Ziel hinaus.
Warum?
Aus dem reinen Theorie-Untericht, würde ich dir sogar mit deinen Anmerkungen noch Recht geben. Hier sind wir aber in der Praxis. Und gerade in der Praxis habe ich durch Align und div. andere Hersteller gelernt, das auch Dinge gut funktionieren, die theoretisch totaler Müll sind. Ich möchte hier und jetzt nicht über DFC und Konsorten diskutieren...
Ich finde es gut, wenn es Leute (wie hier den Jürgen) gibt, die mal neue und unkonventionelle Wege gehen.
Ich bitte darum, bevor man auf irgend etwas einprügelt, den Fall mal komplett zu Ende zu denken. Danke
Viele Grüße
Mirko
Hallo Mirko,
was hat mein Baubericht zur Rumpfherstellung mit meinem Beitrag hier zu tun? - rein gar nichts.
Das ich über das Ziel hinausschieße, kann ich auch nicht nachvollziehen.
Seitwärts hat die Konstruktion gepostet, mit der Bitte um Fragen, Wünsche und Anregungen. Wenn hier nur "fishing for compliments" betrieben werden soll, hätte er es auch schreiben sollen.
Lies Dir meinen Beitrag bitte nochmals genau durch. Ich habe:
1. nicht geschrieben, dass die Konstruktion nicht funktioniert
2. nicht geschrieben, dass die Konstruktion nicht hält
3. nicht geschrieben, dass ich den Kopf schlecht finde
4. nicht auf jemanden eingeprügelt
Ich habe lediglich einen Kommentar zur Scherung von Schrauben abgegeben. Der Erläuterung nach könnte man meinen, dass es Ziel des Konstrukteurs ist, querbeanspruchte Schrauben auf Scherung belasten zu wollen. Das steht im Widerspruch zu den bekannten Regeln der Gestaltung und Berechnung von Schraubenverbindungen, nachzulesen in den einschlägigen Konstruktionslehrbüchern (Decker, Haberauer/Bodenstein, Roloff/Matek etc.) oder direkt in der Richtlinie zur Schraubenberechnung VDI 2230.
Was das Thema Theorie und Praxis anbelangt, halte ich Deine Einstellung die Theorie auszublenden und sich auf die Anwendungspraxis von z.B. Align zu berufen, für sehr gewagt. Die Regeln der Technik dienen ja nicht dazu Konstrukteure zu quälen, sondern basieren auf den Gesetzen der Physik/ Mechanik/ Werkstoffkunde, sind das Ergebnis aktueller Forschung und Erfahrung. Die Physik gilt an der Stelle gleichermaßen für Modellhelis wie für manntragende Helis oder auch andere technische Konstruktionen. Was das Thema Konstruktions-/ Gestaltungs- und Fertigungskompetenz asiatischer Hersteller anbelangt, sage ich mal nichts. Wenn man sich orientieren möchte, sollte man an der Stelle eher mal nach den einschlägigen deutschen Herstellern schauen.
Unstrittig ist, dass es in allen Bereichen Konstruktionen gibt, bei denen Regeln der Technik verletzt werden, diese Konstruktionen auch funktionieren können oder auch nicht. Es gibt gerade auch bei Modellhelis immer wieder Berichte über unerklärlich abgerissene Schrauben, durchrutschende Ritzel auf glatten Wellen, plötzlich abgebrochene Heckrohre, gefressene Lager, beschädigte Lagersitze etc. Wenn man diese Fälle näher betrachtet sind neben Materialfehlern in vielen Fällen Gestaltungsfehler und nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch der betreffenden Elemente die Ursache.
Wer die Regeln der Technik beachtet, macht zumindest keinen Fehler.
Nun nochmal zurück zur Konstruktion des Rotorkopfes. Die ist recht pfiffig und auch optisch ansprechend ausgeführt. Das Zentralstück setzt sich aus vier Teilen zusammen, die untereinander verschraubt sind. Es gibt Nasen und Nuten, die einzelne Teile unter Formschluß zueinander fixieren. Es gibt ferner je Teil 6 Schraubenverbindungen, bei denen 4 querbeansprucht sind und zwei längsbeansprucht. In diesem Mix der Verbindungen steckt jetzt die eigentliche Krux. Dadurch ist das System mit den üblichen Methoden der Schraubenberechnung nicht zu berechnen. Würden alle 6 Schrauben längsbeansprucht sein oder alle 6 Schrauben per Reibschluß übertragen, wäre das kein Problem. In dem vorgestellten System ist nicht klar, welche Schraube wieviel zur Lastabtragung der Blattfliehkraft beiträgt. Die Lösung ist somit "nicht eindeutig" und damit prinzipiell nicht berechenbar. Um sie berechenbar zu machen, muss man Annahmen treffen. Meine Annahme und damit eher ein worst-case-Annahme wäre die längsbeanspruchten Schrauben gedanklich auszublenden und als per Reibschluß übertragende Schrauben anzunehmen. Damit hätte man 6 Schrauben, die per Reibschluß wirken. Wenn diese Reibung größer ist als die Blattfliehkraft, ist die "Welt in Ordnung". Real tragen die 2 längsbeanspruchten Schrauben natürlich mehr. Man wäre bei dieser Betrachtung auf jeden Fall auf der sicheren Seite.
Du gehst bei Deiner Betrachtung davon aus, dass die quer beanspruchten Schrauben nicht tragen und nur die 2 längsbeanspruchten Schrauben die Blattfliehkraft aufnehmen. Das kann man auch machen. Du solltest aber bedenken, dass es sich dann um eine "Balkenverbindung" handelt und zusätzlich Biegung an den Schrauben entsteht.
Du gehst in Deinen Überlegungen davon aus, dass sich die 2 längsbeanspruchten Schrauben starr verhalten und nicht nachgeben. Das stimmt so nicht, was man am Verspannungsschaubild einer Schraubenverbindung sofort erkennen kann. Wird eine längsbeanspruchte Schraube mit einer in Richtung der Schraubenvorspannung wirkenden Betriebskraft belastet, wird die Schraube zusätzlich gelängt und die verschraubten Teile entlastet. Auch wenn diese Verformungen sehr klein sind, sind Sie trotzdem da.
Lange Rede kurzer Sinn. Die vorliegende Schraubsituation ist nicht einfach zu beurteilen bzw. zu berechnen. Ich würde nur empfehlen, nicht grundsätzlich eine Scherung von Schrauben anzustreben - die hoffentlich auch nicht auftreten wird.
Ansonsten viel Erfolg bei der Vermarktung des neuen Rotorkopfes.
Gruß Dieter