Hi..
ich wurde per PN um Stellungnahme gebeten - also beschwert euch nicht

über zu viel Theorie.
Zunächst muss man mal unterscheiden zwischen mittlerem Schwenkwinkel und zeitlich veränderlichem Schwenken.
Der mittlere Schwenkwinkel, also die Mittellage, um welche die Schwenkbewegung stattfindet, entsteht infolge des Gleichgewichts aus Luftwiderstand und Fliehkräften - als resultierende nach außen. Wenn der Blattschwerpunkt in Tiefenrichtung nicht auf der Verlängerung der fiktiven Verbindungslinie zwischen Blattauge und Schwerpunkt parallel zur Blattachse liegt, dann muss man eben die Verbindugnslinie zum Schwerpunkt als Bezugslinie setzen.
Dieser mittlere SChwenkwinkel, der dann natürlich im Zusammenhang mit dem Begriff "Vorspur" zu nennen ist, ist eine entscheidende Größe, wenn es z.b. um die erforderliche Haltekraft eines Pitchservos geht.
Viel interessanter, aber ungleich schwieriger zu verstehen ist der zeitlich veränderliche SChwenkwinkel.
Dessen Verlaufg lässt sich nicht allgemeingültig angeben, da kommen einige Faktoren zusammen - ein entscheidender ist, so komisch das klingen mag, der Konuswinkel (also die "V-Form" des Rotors)
Zunächst muss man sich mal überlegen, woher die Schwenkbewegung überhaupt kommt. Sie kommt aus der Veränderung der Lage des Rotorblattschwerpunktes, wenn das Rotorblatt schlägt. Schlägt es nach oben, so verringert sich der Abstand des Schwerpunktes von der Rotorachse. Wenn sich aber bei einem rotierenden Körper der Schwerpunkt ändert, so treten (neben anderen Sauereien) auch Coriolisbeschleunigungen auf (der Begriff viel ja schon). Dort, wo die VeeränderungsGESCHINDIGKEIT des Schwerpunktes am größten ist, tritt auch die größte (Coriolis)beschleunigung des Schwerpunktes auf.
Jetzt kommt aber eine entscheidende Schwerigkeit dazu: Wenn ein Rotorblatt um eine horizontale Mittellage pendelt (kein Konuswinkel / "V-Form" ), so wird auch beim nach UNTEN schlagenden Blatt der SChwerpunktsabstand kleiner und wir erhalten eine (voreilende) Coriolisbeschleunigung. Das bedeutet, dass das Blatt während eines auf- und Abschlagens (also einer Umdrehung) nicht ein mal, sondern ZWEI mal voreilend beschleunigt wird. Wir haben also einen Schwenkwinkelverlauf, der theoretisch mit der DOPPELTEN Frequenz der Schlagfrequenz verläuft. Gruselig, was? Aber es wird noch gruseliger. HJaben wir einen Rotor mit starkem Konuswinkel, so erfährt das nach OBEN schlagende Blatt eine verkleinerung seines SChwerpunktsabstandes, das nach unten schlagende eine VERGRÖSSERUNG - wenigstens bis zum Erreichen der Horizontalen. Dadurch ahben wir nur 1x pro Umlauf eine Beschleunigung, und die Schwenkbewegung hat auch nur 1 Maximum pro Umlauf.
Wir die Schlagbewegung größer, oder der Konuswinklel kleiner (mehr Drehzahl, schwerere Blätter o.Ä.), so tritt wieder die Form mit doppeltem Peak auf (die sog. 2/rev im Fachchinesisch)
In der PRAXIS haben wir meist eine Mischform aus beiden.
ich hab mal ein Beispiel angehängt, wie das bei einem Rotor mit reichlich Konuswinkel im Schweben aussieht.
Durchgezogene Linie ist der Einstellwinkelverlauf (nicht horizontal, da Trimmung erforderlich war). Dann mit der "berüchtigten" 90°-Phase dazu der Schlagverlauf (gestrichelt). Gepunktet der resultierende Schwenkwinkelverlauf.
Wir haben die 1/rev-Form, aber (fürs geübte Auge) mit einer überlagerten kleinen 2/rev.
Die Eingangsfrage ist damit aber noch nicht beantwortet: wo schwenkt das Blatt nach vorne, und wo nach hinten?
Das lässt sich leider auch nicht so einfach aus den gemachten Betrachtungen ableiten, da eine entscheidende Größe, die Schwenkeigenfrequenz des Rotors, eine große Unbekannte darstellt. Sie liegt oftmals bei etwa 0.3*Drehfrequenz, d.h. wir regen die Schwenkbewegung (zwischen 1 und 2 * Drehfrequenz) total überresonant an - und rechnen somit eher mit einer Phasenumkehr.
Mit anderen Worten: wir können zwar anhand von SChlagverlauf genau bestimmen, wo die größte Coriolisbeschleunigung auftritt, aber es wird schwierig, genau herauszufinden zu welchem zeitpunkt sie diese beschleunugung tatsächlich in Schwenkwinkel umgesetzt hat. Bei der Schlagbewegung ist das VIEL einfacher, da wir stets in der Nähe der Resonanz sind.
Im Beispielbild haben wir für den 1/rev-Anteil etwa eine Phase zwischen Schlagen und schwenken von 200° (schwenken nach hinten positiv)
Haben wir also eine 1/rev-Form, so würde der größte Schwenkwinkel nach HINTEN etwa 200 nach dem höchsten Schlagwinkel nach OBEN kommen - also irgendwo "vorne rechts" bei einem rechtsdreher. Bei einer 2/rev anregung (bei heutigen kampfdrehzahlen wahrscheinlicher) haben wir ein maximum der Schwenkbewegung nach hinten an den Stellen "vorne rechts" und "hinten links".
Es ist wirklich nicht ganz einfach, und schon gar nicht intuitiv. Bei derartigen Geschichten (kuriose Anregungsart auf 2 Teilfrequenzen, dazu deutlich ÜBER den Eigenresonanzen) ist jeder, der das intuitiv richtig macht, ein ANGEBER

Ich musste jedenfalls 4-5x genau nachdenken - mit Papiern und Bleistift und ohne Intuition.
gruß
Andi
P.S. sorry für den Overkill, aber ihr HATTET gefragt und die Antwort ist eben nicht banal.